DIE GOLDSCHMIEDEZUNFT
Am „…achten tag octobris funfzehenhundert und zehenden Jahr…“ wurde den Aachener Goldschmieden vom Rat der Stadt Aachen ein Regelwerk verordnet, die Rolle der Aachener Goldschmiedezunft. Diese „Rollen und Ordnung“ legte fest, nach welchen Regeln und nach welchem Recht in der Stadt Aachen das Goldschmiedehandwerk ausgeübt werden durfte. Die in der „Goldschmieden Ambacht“, der Goldschmiedezunft, zusammengeschlossenen Aachener Meister unterwarfen sich den strengen Regeln, die die Qualität der Arbeit, die Reinheit des verwendeten Materials und der handwerklichen Ausbildung festlegten. So konnte den Goldschmieden ihre berufliche Existenz und ihren Kunden höchste fachliche Qualität gewährleistet werden.
Zwar verlor die Rolle im Laufe der Zeit ihre rechtliche Verbindlichkeit und die verpflichtende Mitgliedschaft in der Zunft wurde in Folge der französischen Revolution durch die Gewerbefreiheit abgeschafft, die Gold- und Silberschmiede aber blieben den Qualitätsvorschriften der Rolle treu und schlossen sich freiwillig zur Aachener Gold- und Silberschmiede-Innung zusammen.
So garantieren die Innungsmeister bis heute für die hohe handwerkliche und künstlerische Qualität ihrer Arbeiten…
und das am 8. Oktober 2010 seit fünfhundert Jahren.
Es hat sich einiges getan in fünfhundert Jahren….
Seit jeher bilden die Goldschmiede natürlich auch ihren beruflichen Nachwuchs aus.
Leider ist die erste Zunftrolle der Aachener Goldschmiede von 1510 nicht erhalten, aber die überlieferte Version von 1573 gibt hierzu Auskunft.
Da über die Art und Weise der Ausbildung die Meinungen auseinander gehen, regelte die Aachener Zunftrolle nur die Dauer der Lehrzeit und wie diese zu beenden war.
Während in anderen Städten genau festgelegt war, welche Rechte und Pflichten der Lehrherr und der Lehrling hatten, war dies in Aachen offenbar jedem Meister selbst überlassen.
Eindrucksvoll ist die Behandlung der Lehrlinge von einem Goldsticker namens Perger überliefert, der in der Mitte des 18. Jahrhunderts seine Lebenserinnerungen schrieb. Zwar nennt er seinen Meister einen guten Mann, „seine Frau aber behandelte mich so, wie in Aachen die Lehrlinge bei den Handwerkern behandelt zu werden pflegen, d.h. Sie brauchte mich zu allen Hausarbeiten gleich einer Magd.“
Oft war der Lehrling der Erste, der morgens aufstand und der Letzte, der abends schlafen ging. Er kümmerte sich um die Kinder des Meisters, brachte diese zur Schule und holte sie wieder ab, heizte den Ofen an und putzte das ganze Haus.
Dafür zahlte er ein frei verhandeltes Lehrgeld, wohnte beim Meister und hatte sechs Jahre zu lernen! Allerdings war sein Meister verpflichtet, ihm all das beizubringen, was dieser selber wusste und konnte.
Unter diesen Bedingungen verwundert es nicht, dass die überlieferte Zunftrolle festschreibt, was mit Lehrlingen geschah, die vor Ende der Lehrzeit davon liefen. Diese durften von keinem anderen Meister angenommen werden, bevor nicht eine Einigung mit dem Lehrherrn bestand. Auch wurde ihre verbliebene Lehrzeit neu festgesetzt.
Zwar weiß auch heute noch jeder Lehrling , dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind, aber die Lehrlingsausbildung ist heute auch in Aachen genau geregelt und wird von der Innung im Ausbildungsrahmenplan festgelegt und überwacht.
Mit Hilfe von Ausbildungsnachweisen kann der Lehrling überprüfen, was er alles beigebracht bekommen hat.
Sie beträgt nur noch 3 ½ Jahre und kann bei entsprechenden Leistungen verkürzt werden.
Theoretischen Unterricht bekommt der Lehrling in der Berufsschule und am Ende der Lehrzeit fertigt er ein Gesellenstück, das er dann jedem als Beweis seines Könnens vorzeigen kann. Er bekommt eine Vergütung für seine Arbeit gezahlt und darf zu berufsfremden Arbeiten nicht mehr gezwungen werden.
Falls es heute doch einmal zu Streitigkeiten kommt, dann steht ihm der Lehrlingswart der Innung zur Seite.
Nicht einmal mehr die früher geforderte Flasche Wein für das Austragen aus der Lehlingsrolle ist heute noch fällig, statt dessen veranstaltet die Innung eine Feier für die neuen Gesellen.