02. + 11./ 12. Oktober 2014
Rathaus + Aula Carolina, Aachen

Das sogenannte „Karlsjahr“ steht für die Innung ganz im Zeichen des Projektes „Ein Talisman für Aachen“. Die Innungsmitglieder wollen von Hand eine Replik des „Talismans Karls des Großen“ schaffen. Das Original wird seit dem 19. Jahrhundert in der französischen Partnerstadt Reims aufbewahrt. Nach ausführlichen Recherchen und einer Besichtigung im „Palais du Tau“ fertigen 13 Werkstätten in etwa 330 Arbeitsstunden die originalgetreue Kopie des mittelalterlichen Kunstwerks. Die Replik wird der Stadt Aachen und dem Domkapitel gemeinsam geschenkt und im Weißen Saal des Rathauses feierlich dem Oberbürgermeister und dem Dompropst übergeben.

Der Öffentlichkeit wird der „Talisman für Aachen“ bei der Gemeinschaftsausstellung in der Aula Carolina präsentiert. Neben der Replik findet auch der Wettbewerb besonderes Interesse, da die Aussteller zeitgemäße Talismane geschaffen haben, die alle ein Stück des Saphir-Kristalls enthalten, aus dem der Stein für die Replik geschliffen wurde.

Außerdem fertigen die Innungsmitglieder einen silbernen Glücksbringer in Form des mittelalterlichen Talismans an, der auch über das Karlsjahr hinaus in den Innungswerkstätten zu erwerben ist.

 

 

Die Geschichte des Talisman

Der so genannte Talisman Karls des Großen ist heute ein Reliquiar, das zwischen einem Saphir und einem Glasfluss eine Kreuzreliquie enthält.
 Eine Goldfassung hält in der Mitte auf Vorder- und Rückseite je einen großen Stein. Ursprünglich waren dies zwei blaue Saphire, der Stein auf der Vorderseite ist heute jedoch durch einen blauen Glasfluss ersetzt. (Der originale Stein soll nach 1870 gestohlen worden sein.)

Auf der Goldfassung sind auf der Vorder- und der Rückseite jeweils vier rote Granate, vier Smaragde und acht Naturperlen symmetrisch in geschlossenen Zargenfassungen eingefasst.

Die Fläche ist mit Filigran, Goldkugeln und Blattwerk belegt.
Auf der Seite sind zwei rote Granate, drei Amethyste und vier blaue Saphire in gleicher Weise eingefasst. Die Fläche ist ebenfalls wie auf Vorder- und Rückseite gestaltet.

An zwei Schlaufen im oberen Teil des Reliquiars ist eine Kette befestigt. Diese wurde wohl im 20. Jahrhundert angebracht.

Die Form des Reliquiars wird von Kunsthistorikern heute als Pilgerflasche gedeutet. Jedoch weist sie die Grundform und die selben Maßverhältnisse (im Maßstab 1 : 512) wie die karolingische Kirche (heute das Oktogon) der Pfalzanlage in Aachen auf. Damit wäre sie, wie der Dom eine Darstellung des „Himmlischen Jerusalem“.
Vor der Kreuzreliquie war eine Haarreliquie Mariens im Talisman. Ob diese ursprünglich war, kann heute nicht mehr festgestellt werden.

Seit 1919 befindet sich der Talisman im Besitz der Kathedrale von Reims und wird im Palais du Tau aufbewahrt.

Die französische Kaiserin Eugénie, die Gattin Kaiser Napoléon III., schenkte ihn der Kathedrale. Er sollte zusammen mit 100.000 Franc zum Wiederaufbau und zur Ausstattung der 1914 durch deutsche Angriffe schwer zerstörten Krönungskirche der französischen Könige dienen.
Kaiserin Eugénie hatte den Talisman von ihrem Mann zur Hochzeit 1853 geschenkt bekommen, der ihn wiederum von seiner Mutter Hortense de Beauharnais geerbt hatte. Hortense erbte ihn von ihrer Mutter, Kaiserin Joséphine.

Als Gattin Kaiser Napoléons I. hatte sich Joséphine persönlich dafür eingesetzt, dass der Aachener Domschatz, der vor dem französischen Revolutionsheer nach Paderborn geflüchtet worden war, wieder nach Aachen zurückkehren konnte. Ein großer Verdienst, da Aachen zu dieser Zeit zum Französischen Kaiserreich gehörte, Paderborn aber zum Königreich Westfalen. Der von Napoléon eingesetzte Bischof Berdolet dachte offenbar, den Dank über die Rückführung des Schatzes durch die Schenkung von drei kostbaren Gaben zum Ausdruck bringen zu müssen. Alle drei Geschenke hatten einen direkten Bezug zu Karl dem Großen. Auf dessen Kaisertum sich auch Napoléon zunächst berufen wollte, bevor er sich dann schließlich selbst krönte. Ob Bischof Berdolet mit der Schenkung auch beabsichtigte, Aachens Position als karolingische Krönungsstätte zu betonen, ist nicht gesichert, die Vermutung liegt aber nahe.


So schenkte er am 2. September1804 das Armreliquiar Karls (heute im Louvre), die so genannte Lukasmadonna und eben den Talisman Karls des Großen an Napoléon und an Kaiserin Joséphine.

Allerdings scheint zuvor die Reliquie im Inneren ausgetauscht worden zu sein.

Der Talisman war zu dieser Zeit offenbar noch ohne eine Kette, denn die heutige einfache Erbskette wurde erst im 20. Jahrhundert angefertigt. Auf dem Bild „Königin Hortense mit dem Talisman Karls des Großen“ von 1834 des Malers Felix Cottreau, welches sich im Napoleonmuseum Thurgau befindet, ist der Talisman zumindest mit einer anderen Kette zu sehen.

Das ursprünglich im Inneren des Talismans Haare Mariens gewesen sein sollen, wissen wir nur aufgrund von Zeichnungen des 17. und 18. Jahrhunderts. Hierauf ist der Talisman abgebildet und es findet sich die Bezeichnung, dass hierin Haare der Jungfrau Maria seien.

Diese Haare sind heute in einem anderen Reliquiar im Aachener Domschatz noch erhalten.
Mit einer solch langen und schillernden Geschichte ist der Talisman Karls des Großen heute ein wunderbarer Ausdruck für die engen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich, für ihre gemeinsame Geschichte und insbesondere für die Freundschaft der Partnerstädte Aachen und Reims!